Dass die ETH eine der renommiertesten Adressen für angehende Studierende ist, ist hinl?nglich bekannt. Aber wer weiss schon, dass man an unserer Hochschule auch 15 verschiedene Berufe erlernen kann? ?life? gibt einen Einblick in die vielseitige Ausbildung von Fachkr?ften.
?Jetzt spanne ich das Aluminiumteil in die Maschine.? Maximilian Bott steht an der computergesteuerten Fr?smaschine, schliesst die Schutztüren und startet den Fertigungsprozess. Die Maschine beginnt zu surren, Metallsp?ne fliegen. Wir befinden uns in der Zentralwerkstatt des Departements Physik auf dem 澳门美高梅金殿 H?nggerberg.
Maximilian Bott absolviert an der ETH Zürich eine Berufslehre als Polymechaniker und steht in seinem vierten Lehrjahr bereits kurz vor dem Abschluss. Begonnen hat er seine Ausbildung nicht in der Zentralwerkstatt, sondern im Geb?ude nebenan – in der ETH-eigenen Lehrwerkstatt. Hier erfahren nicht nur Polymechaniker, sondern auch Konstrukteure, Elektronikerinnen und Physiklaboranten ihre mechanische Grundausbildung: Sie üben S?gen und Feilen von Hand oder das Bohren und Fr?sen an der Maschine. Ab dem dritten Lehrjahr arbeiten die Lernenden eng mit Forschungsgruppen zusammen und lernen so unterschiedliche Fachbereiche kennen. Dabei stellen sie nach Vorgabe der Forschenden Prototypen her.
Für die Herstellung seines Werkstücks tr?gt Maximilian Bott bereits viel Verantwortung: Selbst?ndig hat er den Prototyp vorg?ngig mittels CAD am Computer konstruiert, gezeichnet sowie die computergesteuerte Maschine für die exakte Fertigung programmiert.
15 verschiedene Lehrberufe
Dass man an der ETH einen Beruf erlernen kann, wissen viele nicht. ?Die ETH ist vor allem für ihre Studieng?nge angesehen; dass sie auch Berufslehren anbietet, ist wenig bekannt?, best?tigt Marcel Wachter, einer der Ausbildner von Maximilian Bott. Dabei ist die Berufsbildung an unserer Hochschule sehr vielseitig: Ob Elektroniker, Informatikerin, Biologielaborant, ob Fachfrau Betriebsunterhalt, Interactive Media Designer oder Tierpfleger – 15 verschiedene Berufe k?nnen an der ETH erlernt werden. Mit der mechanischen Lehrwerkstatt und eigenen Lehrlabors in den Bereichen Biologie, Chemie, Elektronik, Informatik und Physik verfügt sie über eine ausgezeichnete Infrastruktur, insbesondere für die Ausbildung in den technischen Berufen, der Informatik und den Laborberufen. Die Infrastruktur in der Werkstatt ist neben der vielseitigen Arbeit und der internationalen Atmosph?re auch etwas, das Maximilian Bott besonders gut gef?llt an seiner Lehre an der ETH. Der heute 21-J?hrige kam nach der Grundschule in Deutschland in die Schweiz. ?Ich war schon immer technisch interessiert und half damals meinem Grossvater beim Hausbau.? ?ber das Berufsinformationszentrum erfuhr er, dass an der ETH Polymechaniker ausgebildet werden. Er schnupperte ETH-Luft – und war von Beginn an begeistert.
Vom Lehrlabor zur Forschung
?hnlich ging es auch Sarah Eichenberger. Zu ihrem Lehralltag geh?ren aber nicht Werkzeugmaschinen, sondern Reagenzgl?ser, chemische L?sungen und Spektrometer: Sie absolviert gerade das dritte Lehrjahr als Chemielaborantin. Die 18-J?hrige war schon immer fasziniert von der Chemie. ?Dass ich w?hrend meiner Schnupperlehre an der ETH Acetylsalicyls?ure und Paracetamol, also Wirkstoffe für Medikamente, selbst herstellen durfte, hat mich sehr beeindruckt und begeistert.? Für ihre Fachausbildung hat sie sich denn auch für den Bereich Synthese entschieden. Dafür arbeitet sie in einem Forschungslabor eng mit einer Doktorandin zusammen, die gleichzeitig ihre Ausbildnerin ist. Die internationale Zusammensetzung der Gruppe und der direkte Kontakt zu den Wissenschaftlern gefallen der Zürcherin mit ghanaischen Wurzeln besonders gut: ?Man ist Teil der Forschung und sieht, dass man selbst etwas bewirken kann.? ?hnlich wie bei den Polymechanikern hat sie ihre Grundausbildung in einem ETH-eigenen Lehrlabor erfahren. Hier lernen die angehenden Chemielaborantinnen und -laboranten in überbetrieblichen Kursen sicheres Arbeiten, den Umgang mit Glaswaren oder das Herstellen von L?sungen.
Mit Herzblut für die Berufsbildung
Sowohl das Lehrlabor Chemie als auch die Lehrwerkstatt werden von vollberuflichen Berufsbildnern geleitet; insgesamt zw?lf Personen engagieren sich an der ETH ausschliesslich für die Berufsbildung. Zudem üben rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre T?tigkeit in der Lehrlingsausbildung nebenamtlich aus und setzen dafür 10 bis 20 Prozent ihres Arbeitspensums ein.
Indem sie Menschen ausbilden, übernehmen die Berufsbildnerinnen und -bildner grosse Verantwortung. Denn die Lernenden befinden sich in einem Prozess der k?rperlichen und pers?nlichen Ver?nderung, die auch vor den Berufsbildnern nicht Halt macht. Umso wichtiger ist dabei die Unterstützung durch Vorgesetzte und HR, zum Beispiel mit regelm?ssigen Weiterbildungen, Beratungen, Anlaufstellen und begleiteten Prozessen.
Für Berufsbildner Marcel Wachter sind genau diese menschlichen Aspekte Teil seiner Motivation, sich mit Herzblut für die Berufsbildung einzusetzen. ?Es ist spannend, einen jungen Menschen zu begleiten und zu sehen, wie er sich ver?ndert und mit der Zeit Vertrauen in sich und seine F?higkeiten entwickelt.? Oft komme es auch vor, dass einem die Jugendlichen durch ihre Fragen oder durch andere L?sungsans?tze neue Blickwinkel er?ffnen.
Teamgeist z?hlt
Neben einem guten Verh?ltnis zu ihren Ausbildnern sind für die Jugendlichen auch der Austausch und der Zusammenhalt untereinander wichtig. Zu Beginn ihrer Lehre nehmen alle Lernenden an einer gemeinsamen Einführungswoche teil und k?nnen so erste Kontakte knüpfen. W?hrend der ganzen Lehrzeit gibt es zudem immer wieder Arbeiten, die von Lernenden unterschiedlicher Berufe ausgeführt werden, manchmal finden auch berufsübergreifende Projektwochen ausserhalb der ETH statt. Fachübergreifende Schulungen wie etwa Bewerbungskurse oder Workshops zum Thema Lernen runden das Angebot ab. Polymechaniker Maximilian Bott setzte sich sogar ehrenamtlich für die Vernetzung der Jugendlichen ein – im zweiten Lehrjahr pr?sidierte er die Lernendenvereinigung an der ETH Zürich, die unter anderem soziale Anl?sse organisiert.
Lange Tradition mit Zukunft
Die Berufsbildung hat an unserer Hochschule eine lange Tradition – sie ist im Grundauftrag der ETH verankert und Teil der strategischen Zielsetzung. ?Wir haben in der Schweiz ein einzigartiges duales Bildungssystem. Die ETH will dazu einen Beitrag leisten und jungen Erwachsenen den Zugang zum Arbeitsmarkt erm?glichen – nicht nur mit einer Hochschulbildung, sondern auch mit einer starken Berufsbildung. Die ETH braucht das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Fachkr?ften?, betont HR-Leiter Lukas Vonesch. Seit über 20 Jahren bildet die ETH Berufsleute aus. Seither haben sich die Anzahl und die Ausrichtung der verschiedenen Berufe stark ver?ndert. Die Anzahl der Lehrstellen hat sich in den letzten 15 Jahren fast verdoppelt und liegt heute bei rund 170. ?In den kommenden Jahren steht aber nicht ein quantitatives, sondern ein qualitatives Wachstum im Fokus?, sagt Fabienne Jaquet, Leiterin der Berufsbildung an der ETH. ?Die Vielfalt der Berufe soll beibehalten und die Ausbildungsqualit?t weiter gesteigert werden. Daneben wollen wir die Rahmenbedingungen für die Berufsbildenden verbessern, die Berufslehren der ETH bekannter machen und mehr Frauen für die technischen Berufe begeistern.?
Und nach der Lehre?
Die ETH bildet die Berufsleute nicht für ihren Eigenbedarf aus. Es sei wichtig, dass die Absolventinnen und Absolventen ausserhalb der Hochschule in anderen Branchen Erfahrungen sammeln und ihr Fachwissen erweitern k?nnten, sagt HR-Leiter Vonesch. Oftmals dient die Lehre dabei als Sprungbrett, und die jungen Berufsleute entscheiden sich für eine terti?re Ausbildung, etwa an einer Fachhochschule. Dass sie zu einem sp?teren Zeitpunkt eine Anstellung an der ETH f?nden, sei aber durchaus m?glich, so Vonesch.
Zukunftspl?ne haben auch die beiden Lernenden Sarah Eichenberger und Maximilian Bott. Nach drei Jahren wird Sarah im Sommer ihren Lehrabschluss machen. Da sie neben der Lehre die vierj?hrige Berufsmaturit?tsschule besucht, wird sie die Berufsmatura erst in einem Jahr erlangen und bis dahin vielleicht befristet für die ETH arbeiten. ?ber die Passerelle m?chte sie sp?ter studieren – ob das Chemie sein wird, weiss sie allerdings noch nicht mit Sicherheit.
Maximilian Bott will nach seinem Abschluss die H?here Fachschule besuchen und sich zum Techniker Maschinenbau ausbilden lassen. ?Ich stehe gerne in der Werkstatt, liebe aber auch den Kundenkontakt. Darum k?nnte ich mir gut vorstellen, einmal als Projektleiter an der Schnittstelle zwischen Konstruktionsbüro und Werkstatt t?tig zu sein.?
Viele Lehrlinge bleiben auch nach ihrer Lehre eng mit der ETH verbunden, zum Beispiel als Mitglied der Interessengemeinschaft der ehemaligen Lernenden. Einige besuchen ihren Ausbildungsplatz auch noch Jahre sp?ter und erz?hlen von ihrem Werdegang. Wer weiss – vielleicht werden auch Maximilian und Sarah dereinst zurückkehren und berichten, welchen beruflichen Weg sie tats?chlich eingeschlagen haben.
Die aktuelle Ausgabe des ETH-Magazins ?life?
Neben diesem Titelthema haben wir mit dem neuen ETH-Pr?sidenten Jo?l Mesot über die ersten vier Monate seiner Amtszeit, interne Projekte, die er anpacken m?chte, und seinen Umgang mit Misserfolgen gesprochen. Ausserdem werfen wir einen Blick zurück auf die gr?ssten Erfolge und die Entwicklung der Alumni-Vereinigung, die dieses Jahr ihr 150-j?hriges Bestehen feiert. Der neue VSETH-Pr?sident Lewin K?nemann erkl?rt, warum sein Verband eine grossangelegte Studierendenumfrage durchgeführt hat.