Im Gespräch mit dem «Digitalen Einstein»
Vor hundert Jahren wurde Albert Einstein der Nobelpreis für Physik verliehen. Aus diesem Anlass hat die ETH Zürich ihren berühmtesten Alumnus digital zum Leben erweckt. Den ?Digitalen Einstein? findet man ab dem 20. Oktober für eine Woche an der 澳门美高梅金殿 Info H?nggerberg der ETH Zürich.
Als sich ETH-Pr?sident Joel Mesot auf den Lehnsessel im gr?ssten H?rsaal der ETH sinken l?sst, sitzt ihm ein unerwarteter Gast gegenüber. Der Schnurrbart und das zerzauste Haar machen ihn zu einer der bekanntesten Pers?nlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Aber so wie bei der Vergabe des diesj?hrigen R?sslerpreises hat man ihn noch nie gesehen: als digitalen Charakter, der Fragen stellt, gestikuliert und Mesot gegenüber unumwunden feststellt, dass er sich keinen schlimmeren Job vorstellen k?nne, als Pr?sident zu sein. Die Rede ist von keinem geringeren als Albert Einstein.
1921 markiert das Jahr, wo Albert Einstein "für seine Verdienste um die theoretische Physik, besonders für seine Entdeckung des Gesetzes des photoelektrischen Effekts", den Nobelpreis erhielt. Aus Anlass des 100-j?hrigen Jubil?ums seines Nobelpreises entstand schliesslich die Idee, dem berühmtesten ETH-Alumnus in digitaler Form neues Leben einzuhauchen.
Forschende um Informatikprofessor Markus Gross, zusammen mit dem ETH-Spin-off Animatico (externe Seite https://animati.co/), entwickelten im Auftrag von ETH-Pr?sident Jo?l Mesot eine interaktive Plattform, in der Einstein als ?digital Twin? über seine Jahre in Zürich erz?hlt. Die Plattform ist ein neues Puzzlestück in der Strategie der Hochschule, den Dialog mit der Gesellschaft zu verst?rken und vor allem der jüngeren Generation über das Faszinosum Einstein die Wissenschaft n?her zu bringen. Die Plattform ist an verschiedenen Standorten an der ETH zu besichtigen (siehe Kasten 1) und so konzipiert, dass sie auch an Auftritten der ETH im In- und Ausland eingesetzt werden kann.
Kunst und High-Tech kombiniert
Der digitale Zwilling ist so kommunikativ wie sein Original es war. ?Ein digitaler Charakter wie Einstein, der sein Gegenüber sehen, h?ren und mit ihm interagieren kann, wird von einem komplexen algorithmischen System angetrieben?, sagt Christian Schüller, einer der drei Gründer von Animatico. Die dynamische Visualisierung der Figur und die Sprachverarbeitung sind dabei Schlüsseltechnologien. Für die künstlerische 3D-Modellierung hat man sich bewusst für einen jüngeren Einstein entschieden, der zu seiner Zeit in Zürich passt.
Der Bildschirm und der bequeme Fauteuil als sichtbare Teile der Plattform sind vollgepackt mit Technik: Damit Einstein potenzielle Gespr?chspartner erkennt und ihnen Fragen stellen kann, scannt eine kleine Kamera Bewegungen und Reaktionen. Sobald das Gegenüber zu sprechen beginnt, filtern Mikrophone die Stimme des Gespr?chspartners aus den Umgebungsger?uschen heraus. Das Gesprochene wird anschliessend in Text verwandelt und von einer Sprachverarbeitungssoftware analysiert. Mit Hilfe maschinellen Lernens erkennt diese die Intention des Gesagten, worauf ein Dialogalgorithmus die angemessenste Antwort sowie Mimik und Gestik aus dem vordefinierten Universum aller m?glichen Reaktionen berechnet.
Intuitive Reaktionen als Alleinstellungsmerkmal
Die Antworten sind Teil eines definierten Dialogbaumes, der unterschiedliche Themen wie Einsteins berühmte Theorien, seine Zeit als Student bis hin zu seinen pers?nlichen Freundschaften umspannt. Die Dialoge geschrieben hat der Schweizer Künstler und Komiker Karpi (externe Seite http://karpi.squarespace.com/), der dem digitalen Einstein schliesslich auch die Stimme geliehen hat. Um eine optimale Synchronit?t zwischen Stimme, Mimik und Gestik zu erzielen, kam eine spezielle Aufnahmetechnik zur Anwendung. Ein Algorithmus sorgt für einen bestimmten Grad an Zuf?lligkeit in den Antworten, damit der Dialog immer wieder neue Wendungen nehmen kann.
Im Gespr?ch mit dem ?Digitalen Einstein?
Bemerkt der ?Digitale Einstein? zum Beispiel, dass sein Gegenüber sich wegdreht, folgt prompt die Frage, ob er abgelenkt sei oder sich langweile. Versteht er etwas nicht, entschuldigt er sich und bittet sein Gegenüber, die Frage zu wiederholen. ?Diese intuitiven Reaktionen unterscheiden digitale Figuren wie Einstein von g?ngigen Frage-Antwort-Assistenten wie Siri oder Alexa?, erkl?rt Schüller.
Einstein muss noch viel lernen
Ein v?llig freies Gespr?ch führen zu k?nnen, ist allerdings noch Zukunftsmusik. Es ist haupts?chlich Einstein, der das Gespr?ch leitet, Fragen stellt und Themen vorschl?gt, die der Benutzer mit seinen Antworten vertiefen kann. Eine besondere Herausforderung besteht Schüller zu Folge darin, dass Audio- und Bilddaten in Echtzeit verarbeitet werden müssen, um flüssige Gespr?che und Interaktionen zu erm?glichen. Zu lange Wartezeiten und Verz?gerungen würden sofort als st?rend und unnatürlich wahrgenommen werden.
Aktuell müssen alle m?glichen Antworten und Reaktionen von Einstein vorab von Entwicklern definiert werden. Dies erm?glicht zwar eine Kontrolle der Inhalte entlang vorgegebener Erz?hlstr?nge, schr?nkt aber gleichzeitig den Gespr?chsfluss ein. ?In Zukunft werden sicherlich auch offenere Gespr?che m?glich sein?, sagt ETH-Professor Gross. ?Dafür müssen digitale Figuren wie Einstein aber Zugriff auf eine Wissensbasis haben und selbstlernend werden. Ferner ben?tigen Sie ein Arbeitsged?chtnis und Emotionen. Die dafür ben?tigten Anwendungen maschinellen Lernens und der Sprachverarbeitung sind im Moment aber noch zu wenig ausgereift.?
Digitale Avatare als Forschungsgebiet
Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz und der Computergrafik haben weltweit die Entwicklung von Avataren und Chatbots vorangetrieben. Digitale Charaktere wie Einstein bieten die Chance, die Interaktion von Menschen mit Maschinen intuitiver zu gestalten und auch für technisch weniger versierte Menschen oder Menschen mit Einschr?nkungen zug?nglicher zu machen. M?gliche Anwendungsgebiete gibt es viele. Eingesetzt werden k?nnen animierte Figuren zum Beispiel beim Ticketkauf, beim Hotel Check-in, bei der Produktberatung, aber auch als virtuelle Coaches im Gesundheitsbereich.
Den ?Digitalen Einstein? findet man ab dem 20. Oktober für eine Woche an der 澳门美高梅金殿 Info H?nggerberg der ETH Zürich. Studierende, Mitarbeitende und Besucher der ETH haben dann die Gelegenheit, sich selbst mit Einstein zu unterhalten und mehr über seine Zeit als Student und Professor an der ETH zu erfahren.