Schweizer Sicherheitspolitik in einer instabilen Welt
Verteidigungsministerin Viola Amherd zeichnet bei ihrem Besuch an der ETH Zürich das Bild einer instabilen und unberechenbaren Welt, auf das sich die Schweizer Sicherheitspolitik einstellen müsse. Die ETH Zürich und die EPFL leisten durch die Ausbildung von Fachkr?ften und den Wissenstransfer einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit der Schweiz.
Auf Einladung des Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich und des Europa Instituts an der Universit?t Zürich hielt Bundesr?tin Viola Amherd am 8. November 2021 einen ?ffentlichen Vortrag zum Thema ?Eine sichere Schweiz – was wir dafür tun wollen und müssen?. ETH Pr?sident Joel Mesot begrüsste die Magistratin im vollen Audimax und verwies auf die enge und vielseitige Partnerschaft der ETH mit dem Verteidigungsbereich des Bundes. Sicherheit, so der ETH-Pr?sident, sei keineswegs selbstverst?ndlich und erfordere auch den Beitrag der Wissenschaft.
Die Zusammenarbeit zwischen ETH und Bund reiche von den politikwissenschaftlichen Analysen des CSS, über das technische Know-how des Zurich Information Security & Privacy Center (ZISC) bis hin zum neu gegründeten Cyber Defence 澳门美高梅金殿 (CYD) mit einem Standort an der ETH Zürich. Nicht zu vergessen, so Mesot, sei ausserdem die an der ETH beheimatete Milit?rakademie MILAK, die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Rüstung armasuisse im Bereich der Robotik und SCION, das sichere Internet der n?chsten Generation, hinter dem mehr als zehn Jahre Forschung an der ETH stecke.
Die Welt ist garstiger geworden
Die Mitte-Politikerin begann ihre Ausführungen mit der Feststellung, dass die Sicherheit der Schweiz aufs engste mit den Entwicklungen in ihrem Umfeld verknüpft sei. Und dieses sei instabiler und unberechenbarer geworden. Ein wesentlicher Grund dafür sei die versch?rfte Rivalit?t zwischen Gross- und Regionalm?chten: ?Die Rivalit?t zwischen den USA und China spitzt sich zu und Russland sowie Regionalm?chte wie die Türkei, Saudi-Arabien oder Iran setzen ihre Interessen immer forscher durch?, sagte die Verteidigungsministerin.
Gleichzeitig operieren Staaten zur Verfolgung ihrer Interessen vermehrt im Graubereich zwischen Krieg und Frieden. Cyberangriffe und Desinformationskampagnen, so die Bundesr?tin, seien wichtige Instrumente im Rahmen hybriden Angriffsformen. Darüber hinaus verwies Amherd auf die sicherheitspolitischen Implikationen des Klimawandels, der bestehende Probleme wie die unkontrollierte Migration oder Konflikte in Krisenregionen zus?tzlich versch?rfe.
Insgesamt, so Bundesr?tin Amherd, habe sich das sicherheitspolitische Lagebild verdüstert: ?Internationale Spannungen haben zugenommen und das Spektrum an Bedrohungen und Gefahren ist breiter geworden?. Um die Handlungsf?higkeit, Selbstbestimmung und die Integrit?t der Schweiz und ihrer Bev?lkerung zu schützen, müsse sich die Sicherheitspolitik der Schweiz auf dieses garstigere Umfeld einstellen.
?Die Sicherheitspolitik der Schweiz muss sich auf ein garstigeres Umfeld einstellen.? Bundesr?tin Viola Amherd
Den Schutz vor Cyberrisiken st?rken
Vor dem Hintergrund dieser Bedrohungslage formulierte die Magistratin eine Reihe von sicherheitspolitischen Priorit?ten. Neben einer besseren Früherkennung von Bedrohungen und Krisen betonte sie vor allem den Schutz vor Cyberrisiken. Gerade in diesem Bereich, so Amherd, sei die Zusammenarbeit mit der ETH Zürich und der EPFL besonders relevant.
So ist das vor zwei Jahren in Zürich er?ffnete Labor des Cyberdefence-澳门美高梅金殿 ein wichtiges Element, um die ben?tigen Spezialisten für Bund, Wissenschaft und Wirtschaft auszubilden. Der neue Masterstudiengang in Cybersecurity, den die ETH Zürich zusammen mit der EPFL geschaffen hat, zeigt ausserdem, dass das Thema Cybersicherheit ein strategischer Schwerpunkt der eidgen?ssischen Hochschulen ist.
Konventionelle Bedrohungen bleiben bestehen
Doch der st?rkere Fokus auf den Cyberraum heisse der VBS-Chefin zu Folge keinesfalls, dass konventionelle milit?rische Mittel irrelevant geworden sind. Im Gegenteil, die Armee müsse in einem breiten Spektrum rasch und flexibel einsetzbar und entsprechend ausgerüstet sein. Dazu geh?rt für Bundesr?tin Amherd auch der Schutz des Luftraumes mit neuen Kampfflugzeugen. ?Mit der Entscheidung für das amerikanische Flugzeug F-35 haben wir uns weder für noch gegen eine europ?ische Zusammenarbeit ausgesprochen, sondern uns einfach für das beste Kampfflugzeug entschieden.?
Mit der Entscheidung für die F-35 haben wir uns nicht gegen eine europ?ische Zusammenarbeit ausgesprochen.?Bundesr?tin Viola Amherd
Ein weiterer Schwerpunkt der Schweizer Sicherheitspolitik ist für Viola Amherd die St?rkung der internationalen Zusammenarbeit: ?Angesichts von zunehmender Konfrontation und Blockbildung müssen wir uns international noch st?rker und gezielter für Stabilit?t und Sicherheit einsetzen.? Ein wichtiger Beitrag dafür sei die milit?rische Friedensf?rderung. Die VBS-Chefin best?tigte erneut, die Beitr?ge der Schweizer Armee an die Friedensf?rderung weiterentwickeln zu wollen.
Resilienter gegenüber Katastrophen und Notlagen
Am Ende ihres Vortrages kam Amherd auf die St?rkung des Schutzes vor Katastrophen und Notlagen zu sprechen. Die Covid-19-Krise habe gezeigt, wie wichtig eine krisenresistente Versorgung mit kritischen, lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen ist.
Darüber hinaus gelte es aber auch auf Naturkatastrophen besser vorbereitet zu sein, da diese auf Grund des Klimawandels und der Siedlungsdichte in Zukunft h?ufiger und intensiver auftreten werden. Als Beispiel nannte die Bundesr?tin die Einführung von sicheren Kommunikationskan?len für Krisenorgane, die auch bei extremen Ereignissen wie Stromausf?llen einsatzf?hig bleiben.
Europa und sicherheitspolitischer Dialog
In der anschliessenden Fragerunde stellte sich Bundesr?tin Amherd den zahlreichen Fragen aus dem Publikum. Zwei Themenbereiche standen dabei im Vordergrund. Zum einen kam die Frage auf, wie der Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Europa beeinflusse. Bundesr?tin Amherd betonte zun?chst, dass sie selbst eine Fortsetzung des Dialoges mit der EU bevorzugt h?tte. Gleichzeitig werde sie aber auf Basis der neuen Ausgangslage alles unternehmen, um die Zusammenarbeit mit den europ?ischen Partnern auch ohne institutionelles Abkommen zu st?rken.
Zum anderen wurde in mehreren Kommentaren aus dem Publikum die Notwendigkeit eines intensiveren Dialoges mit der Gesellschaft thematisiert. Bundesr?tin Amherd pflichtete dieser Forderung mit der Feststellung bei, dass uns die Corona-Krise schmerzlich gezeigt h?tte, dass Sicherheit nichts Selbstverst?ndliches sei. Es sei daher notwendig, dem Thema Sicherheit in der ?ffentlichkeit mehr Beachtung zu schenken und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass wir auch in anderen Krisensituationen mit gewissen Einschr?nkungen zu rechnen h?tten. Als Beispiel für einen solchen Dialog nannte die Verteidigungsministerin einen j?hrlich stattfindenden Sicherheitstag in Mittelschulen, an dem sich Schülerinnen und Schüler vertieft mit dem Thema besch?ftigen würden. Im Kanton Thurgau finden diese Tage bereits als Pilotprojekt statt.