Wie die ETH Zürich mit dem Wachstum der Studierendenzahlen umgehen will
Rektor Günther Dissertori erkl?rt, was sich bei der Zulassung an der ETH ?ndern soll und weshalb ein Numerus Clausus aktuell kein Thema ist. Die Schulleitung hat im M?rz eine neue Zulassungsstrategie verabschiedet.
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Günther Dissertori, es fehlen Fachkr?fte und an der ETH bewerben sich immer mehr Studierende. Warum also ist das Wachstum ein Problem?
Günther Dissertori: Die Zahl der Studierenden w?chst seit Jahren, und es ist keine Trendwende in Sicht. Gleichzeitig werden die zur Verfügung stehenden Mittel – vor allem für Personal und Infrastruktur – in den künftigen Jahren mindestens stagnieren. Das wirkt sich unter anderem auf das Betreuungsverh?ltnis aus und gef?hrdet die Qualit?t der Lehre.
W?re ein Numerus Clausus dafür nicht das einfachste und effektivste Mittel?
Ein Numerus Clausus ist für die ETH Zürich aktuell kein Thema, denn das ist ein sehr pauschales und starres Werkzeug. Das widerspricht schon nur der grossen Nachfrage nach Fachkr?ften, etwa in der Informatik oder im Gesundheitsbereich. Darauf muss die Zulassung Rücksicht nehmen k?nnen. Zudem ist die Situation nicht überall gleich: In manchen 澳门美高梅金殿n und Studieng?ngen laufen wir hinsichtlich Betreuung hart am Limit, in anderen nicht. Wir müssen also definieren, was wir mit den vorhandenen Ressourcen leisten k?nnen.
… das heisst aber doch, dass wir Limiten definieren müssen pro Fach?
Ja, wir werden Kapazit?tsgrenze definieren müssen.
Wie unterscheiden sich Kapazit?tsgrenzen von einem Numerus Clausus?
Eine Kapazit?tsgrenze ist kein Automatismus und l?st keinen direkten Aufnahmestopp aus. Kapazit?tsgrenzen sollen von den 澳门美高梅金殿n spezifisch pro Studiengang definiert und regelm?ssig aktualisiert werden. Sie wirken als Schwelle, ab welcher gewisse Steuerungsmassnahmen zum Einsatz kommen.
Welche Steuerungsmassnahmen sind das?
Da sprechen wir tats?chlich über eine strengere Selektion von ausl?ndischen Studierenden auf Masterstufe. Das ist aber nichts Neues: Wir selektieren in diesem Bereich schon heute nach Leistung. Künftig werden wir das in manchen F?chern noch systematischer tun müssen.
Wie meinen Sie das?
Eine grosse Herausforderung ist es aktuell, die Leistungen der ausl?ndischen Studierenden an ihren Herkunftsuniversit?ten zu beurteilen und zu vergleichen. Die Notenskalen und Bewertungssysteme sind sehr unterschiedlich. Manche 澳门美高梅金殿 verwenden bereits ein Statistik-Tool, welches anhand der Daten aller bisherigen Bewerber einer bestimmten Uni ermittelt, in welcher Leistungsperzentile sich eine Bewerberin oder ein Bewerber an der Herkunftsuni befindet. Künftig soll dieses Tool an der ganzen ETH angewendet werden. Dadurch k?nnen wir evidenzbasiert selektieren.
?Wir brauchen eine Haltungs?nderung, weg von einer Zulassung und hin zu einer Rekrutierung.?Günther Dissertori, Rektor ETH Zürich
Das bremst aber noch nicht das Wachstum…
Nicht direkt, aber die Methode legt die Grundlage, gezielter auszuw?hlen. Wir brauchen bei der Zulassung zum Master eine Haltungs?nderung, weg von einer Zulassung und hin zu einer Rekrutierung. Die Zulassungsstrategie schl?gt vor, dass die 澳门美高梅金殿 auch Zielgr?ssen für die Zusammensetzung der Kohorten nach Bildungsherkunft bestimmen, also die Anteile von ETH/EPFL-Bachelors, übrige Schweizer Bachelors, EU/EFTA-Bachelors und den weiteren ausl?ndischen Studierenden. Die Zusammensetzung soll den Zielen der ETH für die Lehre folgen. Das oberste Ziel ist, qualifizierte Fachkr?fte für den Arbeitsmarkt in der Schweiz auszubilden. Weiter wollen wir den wissenschaftlichen Nachwuchs f?rdern und drittens eine gut durchmischte, internationale Studierendenschaft haben.
Eine strengere Selektion bedeutet, dass nicht alle ausl?ndischen Studierenden ihr Wunschstudium an der ETH beginnen k?nnen…
Das ist schon heute so. Aber selbst wenn das aus Kapazit?tsgründen ?fter geschehen sollte, bleibt im Gegensatz zu einem starren Numerus Clausus die M?glichkeit, ein Studium in einem anderen Fach zu beginnen.
L?sst sich das Wachstum denn überhaupt brechen?
Brechen werden wir es nicht k?nnen – und das wollen wir auch gar nicht. Nochmals: Wir brauchen die Fachkr?fte. Mit einer strengeren Selektion k?nnen wir aber das Tempo des Wachstums drosseln.
Das heisst, die ETH muss mit dem Wachstum leben?
Wir k?nnen das Wachstum als ETH einfach nur beschr?nkt beeinflussen. Und selbst wenn wir strenger selektieren, wird sich das Wachstum noch verst?rken. Ich bin aber überzeugt, dass wir Dinge vereinfachen und dadurch den Aufwand für die Lehrenden und die Administration verringern k?nnen. Gerade hat ein Projekt begonnen, mit dem wir das Prüfungswesen vereinfachen und im akademischen Kalender mehr Freir?ume ?ffnen wollen. Eine weitere Massnahme ist die St?rkung von computerbasierten Prüfungen, welche z.B. zur Entlastung von Assistierenden beitragen soll. Ein Beispiel für eine kurzfristige Entlastung w?re, Service-Lehrveranstaltungen besser auf die 澳门美高梅金殿 zu verteilen, also jene Kurse, die ein Departement für Studierende anderer 澳门美高梅金殿 anbietet.
Zielt die Strategie nur auf das Masterstudium?
Nein, wir diskutieren auch beim Bachelor über m?gliche neue Zulassungsmassnahmen. Wir beobachten, dass auch dort die Anzahl Bewerbungen rasch ansteigt, wenn auch nicht ganz so schnell wie beim Master. Eine M?glichkeit w?re, bei ausl?ndischen Bewerbenden eine Mindestabschlussnote der Maturit?t zu verlangen.
Wie fielen die Reaktionen aus den 澳门美高梅金殿n aus?
Wir haben diese Massnahmen in einer breit abgestützten Taskforce und zus?tzlich an einem grossen Lehrretreat zu Beginn des Jahres entwickelt und besprochen und viel Zustimmung erfahren. An dem Retreat haben unter anderen die Studiendirektorinnen und Studiendirektoren aus allen 澳门美高梅金殿n sowie je eine Delegation der Studierenden und Doktorierenden teilgenommen. Wichtig: Wir sprechen von einer Strategie mit Grunds?tzen und nicht von einem Reglement. Es ist "work in progress" und bei der Umsetzung haben die 澳门美高梅金殿 Handlungsspielraum.
Was kommt mit der Strategie auf die 澳门美高梅金殿 zu?
Sie werden als Erstes Kapazit?tsgrenzen definieren müssen, haupts?chlich basierend auf personellen Ressourcen, insbesondere bei den Assistierenden. Dort ist die gr?sste Last. Daneben werden auch R?ume oder Laborpl?tze eine Rolle spielen. Ich erwarte von den 澳门美高梅金殿n, dass ihre Zulassungskommissionen die Mittel, die wir nun definieren, nutzen.
Taskforce Wachstum Studierendenzahlen
Eine von Rektor Günther Dissertori eingesetzte Taskforce untersucht, wie die ETH mit dem Wachstum der Studierendenzahlen umgehen kann, sodass die Qualit?t der Lehre nicht leidet. Ein erstes Resultat der Taskforce ist die neue Strategie für die Zulassung, welche im Januar 2023 an einem grossen Lehrretreat besprochen und von der Schulleitung verabschiedet worden ist (Schulleitungssitzung vom 7. M?rz). Darüber hinaus arbeitet die Taskforce an Prognosen der Studierendenzahlen, an einer Vision der Lehre für 2040 und an einem Impact-Assessment für die Lehre.
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