Gemeinsam schwierige Zeiten meistern

An der Herbstkonferenz der ETH Zürich in Luzern erfuhren die Teilnehmenden, weshalb die Antwort auf die Frage, ob wir an der ETH auf Kurs sind, ?Ja und nein? lautet. Und sie bekamen den Spiegel aus Bundesbern vorgehalten. In Workshops erarbeiteten sie gemeinsam L?sungsvorschl?ge für aktuelle Herausforderungen.

Das Bild zeigt die Herbstkonferenz im KKL in Luzern mit den 200 Funktionsträger:innen
Rund 200 Funktionstr?ger:innen kamen an die diesj?hrige Herbstkonferenz im KKL in Luzern.  (Bild: Anna Wiman / ETH Zürich)

Rund 200 Professorinnen und Professoren sowie Führungskr?fte der Verwaltung sind am 27. September der Einladung der Schulleitung ins KKL nach Luzern an die Herbstkonferenz 2024 gefolgt, wo sie von einem gut gelaunten ETH-Pr?sidenten empfangen wurden.

ETH als Referenz bei allen wichtigen Fragen

?Wir brechen auf allen Gebieten Rekorde?, stellte Jo?l Mesot zu Beginn der Konferenz fest. Seine Aussage untermauerte er mit aktuellen Zahlen zu Reputation und Rankings, der anhaltenden Beliebtheit der ETH bei Studierenden, aber auch mit Blick auf die Anzahl Spin-off-Gründungen und die von der ETH Foundation eingeworbenen Mittel.

?In der Pandemie haben wir bewiesen, dass wir unsere Expertise für die Gesellschaft nutzbar machen k?nnen?, fuhr Mesot fort. Zurzeit würden ETH-Expert:innen mit Blick auf Cyberrisiken beim Bund unverzichtbare Dienste leisten. Für die Zukunft formulierte Mesot ein ehrgeiziges Ziel: Unsere Institution soll die Referenz in allen relevanten Fragen von nationaler und globaler Bedeutung sein, und zwar gleichermassen für akademische Gemeinschaften, die Politik, Verwaltungen sowie die Gesellschaft als Ganzes.

gezeigt ist Joël Messot während seiner rede
?Unsere Institution soll die Referenz in allen relevanten Fragen von nationaler und globaler Bedeutung sein?, sagte Jo?l Mesot.  (wimanphotography; ETH Zürich)

Unsere Hochschule ist gut aufgestellt

Klimawandel, alternde Gesellschaft, Armut und Migration oder Cyberkriminalit?t: Angesichts der vielen globalen Herausforderungen seien die Kompetenzen unserer Hochschule n?tiger denn je. Dafür sei die Hochschule gut aufgestellt, sagte Mesot.

Sind wir also voll auf Kurs? ?Ja und nein?, meinte Mesot, denn die politischen Pr?ferenzen würden sich verschieben. Der Bund muss sparen. Da ist zum einen die Schuldenbremse, die aufgrund der massiven Bundesausgaben w?hrend der Pandemie jetzt voll Wirkung entfaltet. Zum anderen haben die kriegerischen Konflikte zur Folge, dass die Milit?rausgaben steigen. Da viele Ausgabepositionen des Bundes gebunden sind – etwa jene für Soziales – treffe es Bildung und Forschung besonders hart. ?So sehen wir uns mit der paradoxen Situation konfrontiert, dass die Welt immer mehr Expertise aus der ETH br?uchte, Forschung und Bildung im politischen Alltag aber gleichzeitig an Priorit?t verliert?, stellte Mesot fest.

Gemeinsam die Herausforderungen anpacken

Darauf gilt es zu reagieren. Die Schulleitung will Priorit?ten setzen und beispielsweise die Kompetenzzentren konsolidieren sowie die Komplexit?t der Prozesse verringern. Die Fundraising-Bemühungen sollen weiter verst?rkt und der Dialog mit der Politik, beziehungsweise der Gesellschaft als Ganzes, soll intensiviert werden. ?Wir werden die schwierigen Zeiten gemeinsam meistern und gest?rkt aus ihnen hervorgehen?, ist Mesot überzeugt.

Weshalb der Dialog mit Politik und Verwaltung für die Schweiz als Ganzes zentral ist, und welche Hürden es dabei zu überwinden gibt, ging eindrücklich aus dem Referat von Alt Bundeskanzler Walter Thurnherr hervor.

Die Aussensicht: Blick aus Bundesbern

In seiner sehr anregenden Rede fasste der designierte Professor of Practice der ETH Zürich die generelle Stimmung in Bern wie folgt zusammen: ?In Bundesbern findet man die ETH super. Die Professoren und Professorinnen der ETH hingegen findet man kompetent, h?flich und zuweilen absonderlich, vor allem wenn sie etwas sagen, das man nicht gerne h?rt.?

Mit dieser von ihm selbst als zugespitzt bezeichneten Aussage brachte er zum Ausdruck, dass es ‘Bundesbern’ ebenso wenig gibt wie ‘die ETH’. Auf beiden Seiten sind es unterschiedliche individuelle Akteure. Dennoch spreche ein:e ETH-Professor:in in den Augen von ‘Bundesbern’ immer auch als Vertreter:in der ETH. Das gelte es zu beachten.

In seiner Aussage schwingt gleichzeitig mit, dass Politiker:innen und ETH-Forschende an einer gemeinsamen Verst?ndigung arbeiten müssen, wie Thurnherr betonte: ?Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in Bern überzeugend beraten m?chten, müssen eine Sprache sprechen, die man dort versteht.?

Walter Thurnherr am reden am Rednerpult
Walter Thurnherr ortet die gr?sste Gefahr darin, dass sich die wissenschaftliche und die politische Sph?re zu stark voneinander entfernen. (Bild: Anna Wiman / ETH Zürich)

An gegenseitigem Verstehen arbeiten

Doch geht das gegenseitige Verstehen über die Sprache hinaus. So seien für viele Politiker:innen etwa ?Evidence based policy? oder ?Follow the Science? missverst?ndliche Schlagw?rter, die den Eindruck schafften, Politik lasse sich allein aus wissenschaftlichen Fakten ableiten. ?Aus Sicht der meisten Akteure in Bundesbern ist es nicht Sache der Wissenschaft, der Politik zu sagen, was zu tun ist?, betont der ehemalige ?achte Bundesrat?.

Die gr?sste Gefahr ortete er darin, dass sich die wissenschaftliche und die politische Sph?re zu stark voneinander entfernen. Denn ?wenn sich die politische Debatte von den wissenschaftlichen Grundlagen entkoppelt, wird die Gesetzgebung gespenstisch?, so Thurnherr. Die Mehrzahl der gesetzgebenden Texte, die bearbeitet werden, h?tten eine Verbindung zu technologischen Entwicklungen.

So sieht Thurnherr eine der gr?ssten Herausforderungen der ETH darin, eine ?ffentlichkeitsarbeit zu definieren, die den Bedürfnissen der ?ffentlichkeit und der Politik entspricht, die Unabh?ngigkeit der Forschung nicht untergr?bt und eine Verbindung zwischen Politik und Wissenschaft aufrechterh?lt.

In diesem Sinne will die ETH auch mit der ETH School of Public Policy eine Plattform schaffen, um die Beziehungen zur politischen Sph?re noch systematischer zu pflegen als in der Vergangenheit.  

Die Kraft des Gemeinsamen

Von Solist:innen, die sich in den Dienst eines gr?sseren Ganzen stellen, beziehungsweise davon, wie sich individuelle H?chstleistungen in Einklang bringen lassen, berichtete Annedore Neufeld. Die Dirigentin des Sinfonischen Orchesters Schweiz und weiterer Ensembles sorgte auch für die musikalische Begleitung des Anlasses.

Neufeld reflektierte ihre Aufgabe als Dirigentin: ?In dieser Rolle bin ich massgebend für die Interpretation eines Werks verantwortlich, ich vermittle meine Vision und bestimme das Tempo, den Charakter und die Gestaltung.? Die einzelnen Musiker:innen müssen sich ihr unterordnen – so brillant sie in ihrem Bereich auch sein m?gen. Dieser Aufgabe k?nne man nachkommen, indem man entweder eine Diktatur aufziehe oder dadurch, so ihr Credo, dass man eine Gemeinschaft forme.

Annedore Neufeld steht vor Notenständern auf der Bühne und lacht
Annedore Neufeld berichtete anhand ihrer Erfahrung als Dirigentin, wie sich individuelle H?chstleistungen in Einklang bringen lassen... (Bild: Anna Wiman / ETH Zürich)

?Die Verantwortung für ein Konzert tragen die Musikerinnen und Musiker?, sagte Neufeld, ?jene für die Gestaltung des Werks liegt bei der Leitung.? Die Musiker:innen seien alle aufeinander angewiesen und k?nnten sich deshalb nur in einer vertrauensvollen, von gegenseitigem Respekt gepr?gten Umgebung zur H?chstleistung entfalten. Für den Gesamtklang sei es entscheidend, dass jede und jeder Einzelne nicht nur ihre beziehungsweise seine individuelle Position und Funktion kenne, sondern auch Kenntnis von der Struktur des Ganzen habe. Es sei unerl?sslich, sich gegenseitig kollegial zu h?ren und zu unterstützen, und sich auch an einem gelungenen solistischen Einsatz zu erfreuen.

Zum Schluss ihres Referats brachte sie die Teilnehmenden dazu, ihre eigene Erfahrung mit dem Gleichklang zu machen. Neufeld brachte einen eigens arrangierten ETH-Song mit, der nach ein paar Aufw?rmübungen den Raum erfüllte. 

Annedore Neufeld dirigiert den ETH Song
… und brachte die Teilnehmenden dazu, ihre eigene Erfahrung mit dem Gleichklang zu machen.  (Bilder: Anna Wiman / ETH Zürich)

Herausforderungen angehen

Damit waren die Teilnehmenden aktiviert. Nun ging es darum, sich den Herausforderungen zu widmen und mit Blick in die Zukunft L?sungsvorschl?ge zu erarbeiten.

Wie k?nnen wir die Qualit?t an unserer der Hochschule trotz finanzieller Einschr?nkungen beibehalten? Wie müssen wir mit den Meinungsmacher:innen unseres Landes sprechen, damit sie erkennen, dass die Forschungs- und Lehrfreiheit die Grundlage für den Wohlstand der Schweiz darstellen? Und wie k?nnen wir der zunehmenden Skepsis der Gesellschaft gegenüber akademischer Forschung und Bildung begegnen?

Das sind nur einige der Herausforderungen, die aus einer Umfrage bei 澳门美高梅金殿n und Schulleitungsbereichen im Vorfeld der Konferenz hervorgingen. Die Teilnehmenden fanden sich in 30 Arbeitsgruppen zusammen, in denen sie L?sungsans?tze zu insgesamt zehn ausgew?hlten Fragen bearbeiteten. Ihre Erkenntnisse, die sie im Plenum pr?sentierten, werden nun verdichtet, um daraus Massnahmen abzuleiten. Diese sollen in der n?chsten Schulleitungs-Departementsvorstehenden-Konferenz vorgestellt werden.

Zum Schluss der Veranstaltung dankte Jo?l Mesot allen Mitwirkenden und Teilnehmenden für ihren Einsatz. Er betonte die Kraft der kollektiven Intelligenz, die sich an diesem Tag einmal mehr manifestiert habe. Als wichtige Erkenntnis nehme er die Aussage aus einem Workshop mit, dass nicht allein die Schulleitungsmitglieder und Wissenschaftler:innen, sondern alle ETH-Angeh?rigen dazu beitragen k?nnen, die ETH im Alltag zu erkl?ren.

Weitere Bilder von der Herbsttagung sind auf der externe Seite Bilddatenbank der Fotografin Anna Wiman abrufbar.

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